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Die Werkstatt des Waltensburger Meisters

Eine Burg des Mittelalters als Fresko des Waltensburger Meisters in der Kapelle Hl. Maria Magdalena in Dusch

Das Mittelalter

Das Mittelalter ist die Zeit von etwa 500 bis 1500 - vom Untergang des römischen Reiches bis zur Renaissance. Der Waltensburger Meister und seine Werkstatt waren im 14. Jahrhundert tätig, also gegen Ende des Mittelalters, im sogenannten Spätmittelalter. 

In diesem Jahrhundert sammelte Rüdiger von Manesse in Zürich Minnelieder in seiner Manessischen Liederhandschrift, wechselte die Burg auf Jörgenberg mehrmals den Besitzer und wurde die Burg Kropfenstein in Waltensburg/Vuorz gebaut. Mitte des Jahrhunderts wütete die Pest auch in Graubünden.

Im Mittelalter gab es nebst der Muskelkraft von Mensch und Tier nur Wind-, Sonnen- und Wasserenergie. Der Mensch bewegte sich zu Fuss oder zu Pferd fort. (Der Karren war nur für Verbrecher.) Kunstlicht war selten, so dass die meisten Mensch mit der Sonne aufstanden und mit ihr zu Bett gingen.

Wandmalereien als "Bibel für die Armen" in der Kirche von Clugin

Wandmalerei

Bilder kennt das Mittelalter vor allem als Buchmalerei und als Wandmalerei.

Zu den Büchern mit ihren kunstvoll gestalteten Bildern hatten die meisten Menschen des Mittelalters keinen Zugang. Es waren Handschriften auf Pergament, die gelegentlich in Schreibstuben kopiert wurden, nicht selten aber Unikate blieben. Sie wurden in Klöstern oder bei adeligen Herrschaften aufbewahrt, wie etwa die Manessische Liederhandschrift.

Wandmalereien waren daher für die Mehrheit der Menschen im Mittelalter die einzigen Bilder, mit denen sie in Kontakt kamen. Der Bedeutung der Religion entsprechend, schmückten die weitaus meisten Wandmalereien Kirchen und Kapellen. Sie waren jedoch nicht nur Schmuck, sondern dienten auch der Unterweisung in religiösen Dingen, da grosse Bevölkerungskreise nicht lesen konnten. Zudem repräsentierten sie den Reichtum und die Gottgefälligkeit des Stifters oder der Stifterin.

Unbekannter Maler

Der Waltensburger Meister ist ein unbekannter Künstler des 14. Jahrhunderts, der an mehreren Orten im heutigen Kanton Graubünden seine Werke realisiert hat. Bis zu 20 Werke werden ihm zugeschrieben. Vermutlich stand er einer Werkstatt mit mehreren Mitarbeitern vor. Wo sie sich befand, ist nicht bekannt, wie es überhaupt keine Dokumente zu Leben und Werk gibt.

Der Kunsthistoriker Erwin Poeschel betrachtete Mitte des 20. Jahrhunderts die Passion an der Nordwand der Kirche von Waltensburg/Vuorz als sein reifstes Werk. Daher gab er ihm den Notnamen "Waltensburger Meister".

Alle bisher dem Waltensburger Meister zugeschriebenen Werke sind oder waren nördlich der Alpen zu finden. Nicht alle Werke sind erhalten und nicht alle Orte sind frei zugänglich.

Waffen und Ausrüstung weisen auf das 14. Jahrhundert in der Passion in Waltensburg

Datierung

Im Mittelalter war es nicht üblich, Werke zu  weder datieren oder signieren. Dennoch erlauben es verschiedene Hinweise, das Wirken der Werkstatt des Waltensburger Meisters ins 14. Jahrhundert anzusetzen. 

Einen ersten Hinweis gibt die Baugeschichte der Kirchen und Kapellen, in denen er tätig war. Zudem war es üblich, die dargestellten Figuren in Kleidung und mit Ausrüstung aus der eigenen Zeit darzustellen, auch wenn die Geschichte zur Zeit Jesu spielt. Dies lässt Rückschlüsse auf die Entstehungszeit der Bilder zu, denn abgebildete Gegenstände wurden immer wieder gefunden und ausgegraben. Diese kann die Archäologie recht genau datieren.  

Auch Stilvergleiche mit Werken anderer Künstler geben Hinweise, so die Manessische Liederhandschrift, deren Abbildungen viele Parallelen zu den Figuren des Meisters aufweisen. Von ihr ist bekannt, dass sie im 14. Jahrhundert angelegt wurde.

Schlafende Jünger in der Passion von Waltensburg

Meisterhaft

Die Bilder des Waltensburger Meisters umfassen das im Mittelalter zur Tradition gewordene Schema mit Evangelistensymbolen, Apostelreihen, Heiligenreihen, biblischen Zyklen oder Heiligenviten.

Herausragend und meisterhaft an seiner Arbeit ist die Umsetzung vom Bildaufbau und der Komposition ganzer Geschichten über die Darstellung der einzelnen Figuren bis zu den Details von Mimik und Gesten.

Für den Kunsthistoriker Marc Antoni Nay besteht seine grösste Leistung darin, dass es ihm gelungen sei, "bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts Emotionen durch Mimik, Gestik und Körperhaltung auf eine Weise erlebbar zu machen, die auch heute noch beim Betrachten seiner Bilder nachempfunden werden kann." (Marc Antoni Nay, Daniel Bolliger: Die Kirche Waltensburg und ihre Wandmalereien. GSK-Kunstführer, 2017).

Freskomalerei

Auch wenn oft Wandmalereien im Allgemeinen als Fresken bezeichnet werden, hat der Waltensburger Meister tatsächlich "al fresco" gemalt. Er hat also die Pigmente - im Gegensatz zur Trockenmalerei - auf den noch frischen (feuchten) Verputz aufgetragen. Beim Abbinden sind Pigmente und Verputz eine chemische Verbindung eingegangen, die auch nach 700 Jahren hält. Daher leuchten seine Bilder in kräftigen Farben, wo auch Jahrhunderte jüngere Bilder bereits stark verblasst sind.

Für grosse Malereien (etwa die Passion an der Nordwand der Kirche von Waltensburg/Vuorz) war ein Gerüst notwendig; der Verputz musste angerührt und aufgetragen, die Pigmente bereitgestellt oder gar selbst gemahlen werden. Das Bild selbst wurde zunächst vorgezeichnet, danach in mehreren Etappen gemalt. Diese Arbeiten bewältigte nicht ein “Meister” alleine, sondern es arbeitete eine ganze Werkstatt an einem Fresko.

Ausschnitt aus der Georgslegende in der Kirche St. Georg in Rhäzüns

Bedeutung

Die Werke des Waltensburger Meisters „sind zweifellos die bedeutendsten der ganzen Region und mit von den wichtigsten des ganzen Landes“ (Joseph Gartner: Kunstgeschichte der Schweiz, 1947). 

Seine Werkgruppe zählt „zu den besten Leistungen hochgotischer Kunst nördlich der Alpen“ (Alfons Raimann: Gotische Wandmalerei in Graubünden, 1983). 

Die Bedeutung des Waltensburger Meisters besteht aber auch ganz profan darin, dass er und seine Werkstatt alle Werke im Gebiet des heutigen Kantons Graubünden gemalt haben und dass 14 Werke an 13 Orten in Sakralbauten frei zugänglich sind. 

Möglicherweise sind seine Bilder typisch für das Passland Graubünden: die Freskotechnik kommt aus Italien, die Bildmotive aus dem Raum Zürich und Bodensee, der Heimat der Manessischen Liederhandschrift - und mittendrin in Graubünden der Waltensburger Meister.

Das Museum Waltensburger Meister befindet sich gegenüber der Kirche mit den originalen Fresken

Das Museum

Das Museum Waltensburger Meister schafft einen Zugang zur Werkstatt und zum Werk des Meisters, zu seiner Bedeutung und seinem Umfeld in Kunst und Geschichte. Es befindet sich in Waltensburg/Vuorz in der Casa Cadruvi (Adresse: Cadruvi 7), gleich gegenüber der Kirche mit den originalen Wandmalereien. 

Die Themen der Ausstellung:

  • Mittelalter - 13./14. Jahrhundert
  • Der Waltensburger Meister
  • Werke und Orte seines Wirkens
  • Beispiele verwandter Kunst
  • Maltechnik

Das Museum ist vom Frühjahr bis im Oktober geöffnet. In den Wintermonaten bleibt es geschlossen. Öffnungen nach Vereinbarungen sind möglich. 

In der Casa Cadruvi befindet sich auch das Arcun da tradiziun Vuorz, das Dorfmuseum von Waltensburg/Vuorz.

Die aktuellen Öffnungszeiten und weitere Angaben finden Sie auf der Webseite des Museums.